Umzug

März 30, 2012

Der Blog liegt jetzt auf goiken.github.com und wird mit Octopress betrieben. Dieser Blog hier wird nicht mehr aktualisiert werden. Hier ist der neue Feed. Es gibt auch gleich zwei neue Posts:

  • Einen zu PeTA2 und
  • ein Veganismuspamphlet, was ich schon seit einer Weile rumliegen hatte, aber aus irgend einem Grund nicht über das Blog geschickt habe.

Es läppert sich…

März 6, 2012

Die Zahl, die ich im Kopf hab’, ist, dass wir in Deutschland im Jahr eine Viertelmilliarde Hühner verkonsumieren. Was gar nicht so viel ist, denn wann mans mal ausrechnet, ist das ein halbes Hähnchen pro Bundesbürger; als solche keine schlechte Summe. Aber wenn jeder Bundesbürger im Jahr drei Hühner isst, sind das 240 Mio und das ist ’ne Viertelmilliarde.

In Deutschland werden glaub’ ich 45 Mio Schweine geschlachtet und 14 Mio Rinder und eben wie gesagt 240 Mio Hühner verteilt auf 80 Mio Bürger… Ist das gar nicht mal soo oppulent. Aber um’s mal sehr salop zu sagen: Es läppert sich.

–– Prof. Peter Kunzmann in Figaro, 25.2.2012

Fundstück

Februar 23, 2012

Der Vegetarianer
Aus Fliegende Blätter Nr. 112 (1900).

Karnismus?

Februar 20, 2012

Was ich immer an der Karnismustheorie nicht verstehe, ist, in welchem Sinn Tiernutzung als „unsichtbar“ charakterisiert werden kann. Wie misst man diese Sichtbarkeit?

Reicht da das Argument, dass Tiernutzungsbetriebe in unbesiedelten Gebieten liegen? Die meisten westeuropäischen „Fleisch“esser_innen haben doch Youtube und viele haben auch schon einmal eine Schlachtung gesehen und stimmen mit mir völlig überein, dass das irgendwie gewalttätig ist.

Dass eine Schlachtung irgendwie notwendig dafür ist, dass man „Fleisch“ produziert, verstehen auch die meisten; essen’s aber trotzdem.

Dann ist da noch das Argument von Adams und Joy, dass „Fleisch“produktion von der Individualität der betroffenen Tiere abstrahiert und damit qua Produktion die Körper erst konsumierbar macht…

Gibts da irgendwelche Zahlen zu, oder läuft das auf eine Glaubensfrage hinaus? Worsley & Skrzypiec 1998 haben mal ’ne Studie mit N~2000 gemacht und von den Fleischesser_innen fanden ~30% den Satz „I don’t see the meat I eat as once having been an animal“ falsch. (~40% richtig, Rest egal. S. 164 bzw. S. 14 in der Datei) Vielen scheint also durchaus klar zu sein, dass sie ein individuelles Tier essen.

Und dann kann man an der Theorie natürlich noch das offensichtliche Argument anbringen, dass es alles andere als hilfreich ist, Tierausbeutung auf „Fleisch“konsum zu reduzieren, aber das scheint mir zumindest, im Ggs. zum Problem oben, ein behebbarer Defekt des Begriffs zu sein.

TB-Tage I

Januar 14, 2012

Ich werde die nächsten Tage mal meine Gedenkan zu den Tierbefreiungstagen in Hamburg festhalten und diese dabei auch in erster Linie für mich selbst organisieren.

Zunächst stellten heute zwei Personen jeweils eine dystopische und eine utopische Vision der Tierbefreiungsbewegung im Jahre 2020 vor und haben so auf durchaus humorvolle Art und Weise durchaus sinnvolle Kritiken und bedenkenswerte Verbesserungssansätze vorgeschlagen.

Probleme, die in der dystopischen Vision eine Rolle spielten, waren meinem Verständnis nach in erster Linie

  • ein mangelndes Bewusstsein und Interesse für die eigene Bewegungsgeschichte und die dadurch fortwährende Reproduktion immer der selben Fehler.
  • eine hohe Fluktuation und eine soziale Geringschätzung von den Erfahrungen langjähriger Aktivist_innen,
  • Das Fehlen von stabilen überregionalen Strukturen und finanziellen Förderungsmöglichkeiten von Aktivismus,
  • Kooperationen mit zweifelhaften Gruppen und Personen, sowie ein allgemein diffuses Verständnis von Grundbegriffen der Bewegung,
  • eine subkulturelle Identitätspolitik, die niemand wirklich versteht und die außer dem „sich Abgrenzen“ bzw. „sich Hervorheben“ keinerlei ersichtlichen inhaltlichen Zweck, insbesondere für Menschen außerlhalb dieser soziokulturellen Kontexte hat.

Vorschläge, wie es anders laufen könnte, umfassten dann unter Anderem die Idee einer Stiftung, die kontinuierlicheren Aktivismus finanziell ermöglichen und unterstützen könnte. Ich hatte mich zunächst gefragt, wo plötzlich die finanziellen Mittel für so eine Stiftung herauswachsen sollten und welche_r Player_in dafür in Frage käme… Diese Frage wurde dann jäh insofern für mich beantwortet, alsdass im Hörsaal der letzten Session des Tages auf jedem Platz Hochglanzdrucke des Gründungstextes der Assoziation Dämmerung herumlagen, dass ich mir 1 und 1 zusammenzählen konnte. Groß angetan war ich ja von dem Gründungstext nicht, aber ich bin natürlich gespannt, was sich dort entwickelt.

Weitere Verbesserungsvorschläge war eine dezidiert abolitionistische Argumentation und eine scharfe Distanzierung vom Tierschutz. Die Proposition der Distanzierung zum (mMn viel relevanteren) Begriff des Neuen Tierschutz’ viel zwar durch eine andere Rednerin in der darauffolgenden Session, aber ich hatte dabei das Gefühl, dass die Kritik daran entweder irrelevant gefunden oder nicht verstanden wurde.

Weitere mögliche Verbesserungen vermutete die Rednerin in einer Distanzierung von der linksautonomen Szene (ohne eine gleichzeitige Abkehr von linksradikaler Programmatik) und an einer wenigstens teilweisen Abkehr von der vorherrschenden Sicherheitskultur zum Zweck der öffentlichen Nachvollziehbarkeit und Rezipierbarkeit unserer politischen Praxis als Bewegung.

Corey Wrenn recently proposed the idea that „Putting the burden of proof on vegans“ is a phenomenon that is experienced by vegan activists in a way that it isn’t in the context of other social justice movements. She introduces us to Stevie, Lindsey and Mick who all work in different movements and their work is very much appreciated by their local environments, Christine as an abolitionist vegan activist, however, experiences resistance and the a feeling that she somehow has to justify her activism.

Here is, why I don’t find this comparison to be very helpful:
The moment that Stevie will start to speak up and educate people about how capitalism and peoples uncritical consumerism brings about an ideology of indifference to the weak and in particular the homeless she will face attacks that are very similar to Christine’s experiences.

The moment that Lindsey will start to engage people on the sexist comments that she encounters on a daily basis in her bread-work as a programmer in a respectful but explicit way; In that precise moment she will be attacked in a very similar way to Christine and be asked to justify her beliefs

And finally it also appears to be true that the moment that Mick will start to engage people about how their wasteful and unsustainable usage of goods and natural resources is in his opinion a global-social issue; I that moment he will be asked to justify his belief and he will be attacked just the same way that Christine is.

From my experience *any* anti-Xist who *engages* people on their violent ideologies experiences very similar hostilities. (X ∈ {sex, race, species, class, look, age, })

Veganism anti-speciesism is in that regard really not that special amongst the others. That is of course not to say that we should stop engaging people; all to the contrary. But the experience of hostility is nothing that distinguishes us from other social justice movements, so I think we should, to some extent, „just deal with it“.

„If there is no struggle there is no progress. Those who profess to favor freedom and yet deprecate agitation […] want crops without plowing up the ground; they want rain without thunder and lightning. They want the ocean without the awful roar of its many waters.“ – Frederick Douglass: http://www.blackpast.org/?q=1857-frederick-douglass-if-there-no-struggle-there-no-progress

Actually I think you can even make an opposite argument, that vegans are in a socially privileged position and could chose to make themselves invisible in a way in which (say) an anti-racist person of color could not do in a normatively white environment, like is much of the US. From that would follow that we should show a lot more effort in „sucking shit up“ to practice solidarity and sensibility towards the struggles of others, that we want to consider our allies in our own struggle[s] against oppression.

Veganismusdefinition

November 16, 2011

Übersetzung von Leslie Cross: Veganism Defined, in The Vegetarian World Forum Vol. 5 No. 1 (1951)

Jüngst hat die Vegane Gesellschaft ihre überarbeiteten und erweiterten Leitlinien verabschiedet und darin unter Anderem das Ziel der Bewegung präzisiert.

Die Ziele der Gesellschaft und die Bedeutung des Wortes „Veganismus“, welche bisweilen Gegenstand von Diskussion und persönlicher Vorliebe waren, werden hiermit wie folgt definiert:

Das Ziel der Gesellschaft ist das Beenden der Ausbeutung von Tieren durch Menschen; Das Wort Veganismus meint die Doktrin, dass Menschen leben sollten, ohne Tiere auszubeuten.

Die Gesellschaft begründet sich in der Verfolgung des Ziels, jede Benutzung von Tieren für die Nahrungsmittelerzeugung, als Waren, zur Arbeit, zur Vivisektion und für alle anderen Benutzungen, bei denen tierliches Leben durch Menschen ausgebeutet wird, zu beenden.

Die Mitgliedschaft in der Gesellschaft ist allen offen, die dieses Ziel teilen und sich bereit erklären dieses Ideal so weit selbst zu leben, wie es die persönlichen Umstände ermöglichen. Partner der Gesellschaft teilen diese Bereitschaft nicht notwendigerweise, erklären sich aber mit dem Ziel einverstanden. Die Türe steht damit weit geöffnet und die Gesellschaft heißt alle willkommen, die sich im Stande fühlen, sie zu unterstützen. Ausrichtung und Führung der Gesellschaft obliegen aber ihren Mitgliedern.

Diese Entwicklung macht den Veganismus einzigartig unter den Bewegungen des Tierschutzes, denn er hat etwas als ein Ganzes herauskristallisiert und nicht, wie bei allen anderen Bewegungen, als eine Abstraktion: Während jede andere Gruppe sich mit einem Segment beschäftigt – und daher bei pragmatischen anstelle von prinzipiellen Fragestellungen verharrt – ist der Veganismus selbst ein Prinzip, aus dem heraus sich Haltungen gegenüber den Praktiken logisch ableiten lassen.

Wendet man beispielsweise das vegane Prinzip auf den Bereich der Ernährung an, wird klar, weshalb eine gute Ernährung eine Vegetarische Ernährung im striktesten Sinne sein muss und weshalb diese keinerlei tierlichen Erzeugnisse enthalten kann. Man kann aus vielfältigen Gründen vegetarisch werden, wie etwa humanitäre Gründe, Gründe der Gesundheit oder schlicht das Vorziehen dieser Diät als eine kulinarische Präferenz. Das Prinzip hinter dieser Entscheidung ist dem eigenen Gefühl überlassen und variiert entsprechend. Der Veganismus jehdoch ist ein Prinzip – Nämlich dass Menschen kein Recht dazu haben, andere Kreaturen für die eigenen Zwecke auszubeuten – und schließt diese Möglichkeiten der Variation aus. Eine vegane Ernährung speist sich daher ausschließlich aus Früchten, Nüssen, Gemüse, Samen und anderen reichhaltigen nicht-Tierprodukten. Sie schließt Fleisch, Fisch, Geflügel, Eier, Honig, Tiermilch und deren Erzeugnisse aus.

In einer veganen Welt würden die Kreaturen in die Balance und Gesundheit der Natur reintegriert werden. Ein großer historischer Fehler, dessen Effekt auf die Evolution gewaltig gewesen sein muss, würde korrigiert werden. Die Vorstellung, dass die Mitgeschöpfe der Menschen von diesem für die eignenen Interessen benutzt werden könnten, wäre dem menschlichen Denken bis hin zur Unvorstellbarkeit fremd. In diesem Sinne geht es dem Veganismus auch nicht um den Schutz der Kreaturen als vielmehr um deren Befreiung, sowie um die Befreiung des Geistes und der Herzen der Menschen; Es geht nicht darum, die gegenwärtige Situation erträglich[er] für die Kreaturen sowie für den Geist und die Herzen der Menschen zu machen, sondern um ein kompromissloses Erkennen der gegenwärtigen Beziehung als eine Beziehung, wie zwischen Herren und Sklaven. Diese muss abgeschafft werden, bevor irgend etwas Besseres und Edleres gestaltet werden kann.

Der Veganismus ist die wahrhafte Einsicht, dass dort, wo Liebe ist für die Ausbeutung kein Raum mehr bleibt. Er steht in einer historischen Kontinuität mit der Bewegung, die menschliche Sklaven befreit hat. Wo ein Veganismus umgesetzt würde, würde alles fundamental Falsche, das den Tieren von Menschen angetan wird, automatisch verschwinden. Das Herzstück des Veganismus ist die heilende Kraft der Leidenschaft [des Mitgefühls; compassion] als der höchste Ausdruck von Liebe, zu der Menschen fähig sind. Denn diese[s] ist ein Geben ohne die Erwartung eines Bekommens. Und nichtsdestotrotz wäre der Mehrwert für die Menschen unermesslich, denn diese würden sich von vielen Zwängen ihrer niederen Natur befreien.

Markt für Tierschutz

November 15, 2011

(Lusk 2010) hat sich mal Gedanken zu einem Tierschutzansatz gemacht und übt sich in folgender Selbstkritik am Status Quo:

(…) Although consumers can buy free range products in niche markets, some have argued that existing markets cannot solve the animal welfare dilemma because there are individuals who care about animal wellbeing who do not eat animal products. (…) [I propose and discuss t]he potential merits and efficacy of an animal welfare market (…).

Obwohl Konsumenten Freilandprodukte in Nischenmärkten beziehen können, argumentieren Manche, dass die existierenden Märkte das Tierschutzdilemma nicht lösen können, weil sich Menschen die sich um das Tierwohl sorgen, dieser Märkte entziehen. Ich schlage daher einen vom Tierprodukt entkoppelten Markt für Tierschutz vor und diskutiere dessen potentielle Leistungen und Wirksamkeit.

Wenn er hier vom „Tierschutzdilemma“ spricht, meint er damit die Tatsache, dass „die Produktion etwa von Fleisch eine negative Externalität erzeugt – nämlich Tierleid“. Das bedeutet, dass in der Produktion von Tierprodukten Kosten für „die Gesellschaft“ (Wobei unklar ist, ob nichtmenschliche Tiere dazu gehören) entstehen, die im Preis des Endproduktes nicht abgebildet werden (können), weil kein_e Akteur_in in der Wertschöpfungskette für diese Kosten aufkommen muss.

Dieses „Dilemma“ ist seit Jahrhunderten bekannt. Der erste breiter diskutierte Lösungsansatz dazu stammt vermutlich schon von (Pigou 1920) und wird heute unter dem Stichwort Pigou-Steuer besprochen: PeTA hat eine schöne Veranschaulichung dieses Ansatzes produziert und auch alle anderen Orgas des Neuen und Alten Tierschutz’ greifen diesen Tropus in ihrer Programmatik auf ([1] [2] [3] [4]) … mit kaum sichtbaren „Erfolgen“.

Im Gegenteil könnte man argumenteiren, dass durch das Vorschlagen fiskaler Maßnahmen Begehrlichkeiten für Subventionen geweckt werden. Lusk spricht das explizit als Möglichkeit an und laut (Hnat 2003) gehen bspw in Österreich 60 % der fiskalen Förderungen für den Agrarsektor in die tierliche Landwirtschaft. Pflanzliche, forstliche und sonstige schaffen es zusammen auf 20 %; Für die DE, CH und die EU gilt vermutlich Vergleichbares. (Hat jemand Zahlen?)

Und selbst angenommen, eine Steuer für Tierprodukte wäre durchsetzbar, ist noch nicht unmittelbar davon auszugehen, dass anziehende Preise einen wesentlichen Einfluss auf das Konsumverhalten nehmen würden: (Gallet 2010) hat sich mal die Literatur dazu angeschaut und schließt, dass sich die Preiselastizität von Fleisch (d.h. der Faktor, wie sich Preis auf Konsum auswirkt) in einer Größenordnung 0,6 bis 0,9 bewegt: Das bedeutet, eine Preissteigerung um 10% führt zu etwa 6-9% Rückgang im Konsum. Weiter müsste man Reaktionseffekte der Länder des globalen Südens auf europäische Fiskalpolitik berücksichtigen.

Der Diskurs um die Steuer auf Tierprodukte ignoriert für mich das eigentliche Problem: Die ungebrochene Akzeptanz vom Status der Tiere als Waren. Denn innerhalb dieser Betrachtungsweise muss man jeden subjektiven Anspruch von Tieren (das sind Ansprüche um ihrer selbst willen) zurückweisen und kann alle Ansprüche nur aus menschlichen Projektionen heraus rechtfertigen. Denn Ware zu sein bedeutet schließlich, dass jeder Wert des Wesens extrinsischer Art ist. Dieses Grundannahme können (und wollen auch in den meisten Fällen) weder fiskalische Mechanismen noch ein (vom Tierprodukt entkoppelter) „Markt für Tierschutz“ hinterfragen.

Zoophilie

November 11, 2011

Das Amtsgericht in Berlin untersagt die Vereinsgründung einer Gruppe von Zoophilen, das sind Menschen, die sich sexuell (und amurös?) zu individuellen nichtmenschlichen Teiren hingezogen fühlen.

Ich war schwer überrascht von PeTA-Deutschlands Positionierung. Dort schreiben sie „Zoophilie ist immer mit Zwang gegenüber Tieren verbunden, denn sie haben sich den (sexuellen) Willensbedürfnissen der Menschen unterzuordnen – somit ist und bleibt dies rechtswidrig.

Überrascht hat mich das, weil PeTA’s ChefideologInnen Peter Singer und Ingrid Newkirk dazu eigentlich eine andere Position haben: Siehe etwa Singers Text Heavy Petting oder diese Reaktion von Newkirk.

If a girl gets sexual pleasure from riding a horse, does the horse suffer? If not, who cares? If you French kiss your dog and he or she thinks it’s great, is it wrong? We believe all exploitation and abuse is wrong. If it isn’t exploitation and abuse, it may not be wrong.

Wenn ein Mädchen das Reiten auf einem Pferd sexuell erregt, leidet dann das Pferd? Falls nicht, was wäre dann schon dabei? Wenn du deinem Hund einen Zungenkuss gibst und sie oder er es großartig findet, wäre das falsch? Wir glauben Ausbeutung und Mishandlungen sind falsch. Falls eine Sache nicht darunter fällt, dann kann sie auch Ok sein.

Zugegeben; Das klingt (im Gegensatz zu Singers wohlüberlegten Text) wenig reflektiert. Es ergibt aber in ihrem ethischen Setting, in dem Newkirk sonst so über die Mensch-Tierbeziehungen nachdenkt, Sinn.

Newkirk und Singer fragen als UtilitaristInnen nur in Situationen nach „glücksmaximierenden Handlungen“ und ignorieren dabei (notwendigerweise) Machtgefüge wie bspw. Privilegien, die Eigenschaft Eigentum zu sein, wirtschaftliche Abhängigkeiten, etc.

Gegenseitig respektvolle sexuelle Interspeziesbeziehungen sind vielleicht abstrakt vorstellbar. Aber in einer Gesellschaft in der Tiere Eigentum sind und jährlich 60 Mrd. nichtmenschliche Tiere zur Erzeugung sogenannter Nahrung getötet werden, scheint es mir völlg illosorisch, anzunehmen, dass sexuelle Interspeziesbeziehungen, die dieses Machtverhältnis nicht wiederspiegeln, praktisch möglich sein sollten.

Vor dem selben Hintergrund halte ich es übrigens ebenso für unangebracht von zoophilen Menschen als „kranken Schweinen“ zu sprechen; Denn Schweine können für den ganzen Quatsch am allerwenigsten und sie als derrogatives generisches Anderes für etwas, was einen selbst anekelt, zu rendern, ist eher geeignet, diese institutionalisierte Gewalt weiter zu verfestigen, als einen kritischen Diskurs darüber anzustoßen.

Ich finde das alles auch ein schönes Beispiel, um praktisch nachzuvollziehen, wie der theoretische Ansatz von Singer prinzipiell nicht in der Lage sein kann wesentliche und konstitutive Elemente von Herrschaft der Menschen über nichtmenschliche Tiere kritisch zu denken.

Und es ist für mich auch Interessant, dass Haferbeck widerspricht. Mir scheint das vielleicht relevant, wenn ich mich nämlich frage, inwiefern eine abolitionistische Kritik am neuen Tierschutz aus dem englischsprachigen Raum auf den deutschsprachigen Raum übertragbar ist. Interessant fände ich also auch Details, warum Haferbeck widerspricht. Hoffnungen mach ich mir da aber eher keine, weil er mir bislang noch nicht durch nachvollziehbare Begründungen seiner Positionen aufgefallen ist.

Aber vielleicht waren ja auch die Leute des zu gründenden Vereins einfach nur ein Haufen Verwirrter und deren Gründungsdokumente viel zu Diffus um anhand dieser zu beginnen, ernsthaft über Zoophillie zu sprechen. Auch das fände ich interessant nachzulesen.

Schade. Die Vegane Gesellschaft verpasst nicht nur ihre Chance, einen kritischen Diskurs zu Singer anzustoßen, (wie es bspw. die asatue in einem anderen Kontext ganz gut vormacht) sondern haut stattdessen eine peinliche Beschwerde beim Presserat heraus. Ich dachte @zeitrafferin (aka Julia Seelinger) kocht Probleme auf, die wir längst überwunden hätten. Anscheinend hat sie mit ihrem Rant aber doch bei vielen einen Nerv getroffen.

Dann auch noch dieser Aufschrei, die armen Veganer_innen seien ja sooo diskriminiert. Das ist auf so vielen Ebenen Infam: Selbst wenn man kein_e Tierrechlier_in ist, erkent man leicht, dass die soziologische Zusammensetzung von Veganer_innen überhaupt nicht einer marginalisierten Gruppe ähnelt. Und es gibt eine Hand voll großartiger Tierrechtler_innen, die sehr scharf analysieren, dass das es seine guten Gründe hat und ein Problem ist, dass überwiegend bürgerliche, wirtschaftlich affluente, weiße Akademiker_innen die Basis der Veganer_innen bilden und die Theoriebildung zusätzlich überwiegend von männlichen Personen betrieben wird bei einer überwiegend weiblichen Basis. Solange wir diese Hierarchien bei uns kultivieren, sollten wir von Diskriminierung schweigen. Und auch wenn wir diese abgebaut haben, scheint es mir aus tierrechtlicher Perspektive angebracht hier Zurückhaltung in Achtung derjenigen zu üben, für die sich Diskriminierung nicht nur als ein ärgerlicher Artikel ausdrückt, sondern die Diskriminierung so erleben, dass ihre Körper und ihre reproduktiven Zyklen zu einer Ressource gemacht und konsumiert werden.

Und auch die anderen jüngsten Posts von der VGD sind bei etwas genauerem Hinsehen eigentlich nur die übliche neutierschützerische Kackscheiße: Özdemiers anthropozentrisches Vegetarismusargument. Der olle Bill Clinton, der schon vor einem halben Jahr nicht vegan war. (Er isst überwiegend pflanzlich und auch nur aus gesundheitlichen Gründen) Und dann noch die Die Fürstin, die ich mir schon gar nicht mehr angeschaut habe, weil auch so schon klar ist, was sie nicht sagen wird:

  • Sie wird nicht formulieren, dass es ein prinzipielles Problem ist, Tiere als eine Ressource zu behandeln. In anderen Kontexten sind wir bereit zuzugestehen, dass Tiere eigene Erfahrungen von der Welt haben und diese eigene Perspektive ihr Wohlergehen wichtig macht und zwar logisch unabhängig davon, ob ihr Lebenswandel für triviale menschliche Bedürfnisse einen profitablen Kurs nimmt. Sie sind, wie alle Wesen mit eigenen Erfahrungen der Welt für sich genommen wichtig und nicht, weil es jemanden nützt.
  • Sie wird nicht von der gewalttätigen Grundhaltung sprechen, die wir gegenüber Nichtmenschen an den Tag legen; Von der speziesistischen Ideologie mit der wir das weltweite Schlachten von 56 Mrd nichtmenschlichen Säugetiere und etwa einer Billion Meerestiereb pro Jahr rationalisieren, obwohl es für uns keinen besseren Grund dafür gibt, alsdass uns ihre Körper und Sekrete so wahnsinnig gut schmecken.

So und jetzt schau ich mir das Video an und werde mich „freuen“, dass ich mal wieder Recht hatte… *.*